11. Dezember 2013

Haushaltsrede 2014 – Für ein sozial und ökologisch gerechtes Münster

DIE LINKE steht für eine »Stadt für alle« – gegen Sozialkahlschlag und Kürzungshaushalte

(Es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

altunsere inzwischen fast 1.300 Jahre alte Stadt wird auch die nun angebrochene Episode der Stadtgeschichte gut überstehen. Denn mehr als das, eine Episode, wird die jetzige Haushaltskoalition aus SPD, Grünen und FDP – umgangssprachlich als „Ampel“ bezeichnet – wohl kaum bleiben. Aber wen wundert´s eigentlich…, sind doch in einem halben Jahr Kommunalwahlen, und da heißt es, den Bürgerinnen und Bürgern mal wieder Sand in die Augen zu streuen. Denn allzu durchsichtig ist das wahltaktische Manöver insbesondere der SPD, die seit Jahren mit der CDU gemeinsam einen Haushalt nach dem anderen verabschiedet hat. Eine SPD, die sich sogar für eine Dezernentenstelle, die ihr damaliger Fraktionschef dann erhielt, von den Schwarzen hat vollends über den Tisch ziehen lassen.

Angesichts desselben Schauspiels, das man zur Zeit auch auf der Berliner Bühne mit immer wieder neuen Pirouetten bewundern kann, haben sich die „sozialen Demokraten“ in Münster wohl gedacht, dass es hier jetzt – so kurz vor der Kommunalwahl 2014 – doch etwas anders laufen muss: Dass es ihnen wohl besser zu Gesicht stünde, sich zumindest in Münster von der CDU etwas abzusetzen, um nicht weiter im Ruf zu stehen, eigentlich nur eine schlechte Kopie der Schwarzen zu sein.

Da versucht man es doch jetzt mal lieber mit den marktradikalen Sozialkürzern von der FDP, wo Frau Möllemann-Appelhoff gern den ihr zugespielten Ball zum Mitspielen auffängt. Dass die Grünen, die eigentliche liberale Kraft, sich der Ampel auch nicht verweigern, wundert niemanden. Auch sie möchten mitspielen. Wobei das schwarz-grüne Gespenst aus Hessen sowie die Annäherungsversuche der CDU in Berlin bei den Alt-68ern und jungen Ökos in Münster doch eher einen leicht befremdlichen Beigeschmack hinterlassen. Was bei dem gemeinsamen Ampel-Haushalt in Münster dann allerdings unter dem Strich herauskommt, ist auch nichts anderes als die gewohnte Kürzungsrhetorik und Kürzungslogik: So will man z.B. bei den Planstellen der Straßenkontrolleure einfach mal eine Stelle kürzen. Die mögliche Gefährdungssituation, insbesondere nach Winterschäden, – für SPD, Grüne und FDP offenbar kein Problem. Vielleicht aber für den ein oder anderen Münsteraner, der sich dann im Frühjahr unter Umständen die Knochen bricht?

Ein weiteres Thema: Die Leistungsentgelte für die städtischen Beamtinnen und Beamten. Auch das für die Ampel kein Problem: Die städtischen Beschäftigten bekommen sie einfach auch weiterhin nicht. Ganz anders sieht es dagegen aus, wenn es um den Oberbürgermeister geht: Da trickst die Ampel mit sogenannten „ungenutzten Stellenanteilen in der ganzen Verwaltung“ herum, damit der Oberbürgermeister die Zahl seiner Referenten von einem auf zwei
erhöhen kann. Auch in anderen Bereichen bleibt eine chronische Unterfinanzierung. Eine neue Sporthalle bekommen die Schülerinnen und Schüler der Erich-Klausener-Realschule auch weiterhin nicht. Sie werden auf eine Dreifach-Turnhalle in der Innenstadt vertröstet. Notwendige Schulsanierungen werden auf die lange Bank geschoben. Auch bei den Kitas gibt man sich weitgehend zufrieden: Die Unterbringung von Kindern in Containern ist kein Thema; man hat ja eine Versorgungsquote von jetzt 43 Prozent. Dass aber weiterhin Eltern händeringend eine Kita suchen oder zweimal täglich quer durch die Stadt zu ihrer Kita fahren müssen, ist kein Thema. Ebenso wenig wie eine gute Unterbringung und mehr gut bezahltes Personal.

Richtig krass bleibt und wird es dann beim bezahlbaren Wohnraum für alle! Zwar fordern mittlerweile alle Parteien neue Wohnungen und auch mehr sozialen Wohnungsbau. Doch letztlich handelt es sich fast nur um reine Lippenbekenntnisse. Dabei braucht Münster ein echtes Handlungsprogramm für Sozialwohnungen, denn diese sind von fast 20.000 im Jahr 1985 auf aktuell nur noch etwas über 7.000 Wohnungen zurückgegangen. Bis 2015 sinkt die Zahl der Sozialwohnungen in Münster noch weiter auf 6.800, und bereits derzeit gibt es 2.600 Menschen mit Wohnberechtigungsschein, die keine Sozialwohnung finden, obwohl sie Anspruch darauf haben. Während die Löhne fallen, steigen Mieten und Nebenkosten immer weiter an. Mit einem Plus von 9,7 % innerhalb von drei Jahren hat Münster die landesweit höchsten Mietpreissteigerungen zu verzeichnen, und die Durchschnittsmietpreise sind auf über neun Euro gestiegen (Kaltmiete pro Quadratmeter im Jahr 2012). Tausende neue Studierende kommen zudem in die Stadt und damit auf den Wohnungsmarkt, fast ohne Aussicht auf bezahlbaren Wohnraum. Aktuelle Meldungen des Deutschen Mieterbundes bestätigen für Universitätsstädte wie Münster eine massive Wohnungsnot in den kommenden Jahren. Die CDU/SPD-Ratsmehrheit der vergangenen Jahre hat nichts dafür getan, um zur Senkung des Mietniveaus in Münster beizutragen. Im Gegenteil: CDU und SPD haben dafür gesorgt, dass jährlich Millionen Euro der städtischen Wohnungsbaugesellschaft „Wohn+Stadtbau“ über die sogenannte Gewinnabführung im städtischen Haushalt landen und dort zweckentfremdet verwendet werden.
Diese Politik will die Ampel nun fortführen, und erst ab 2015 sollen die
Gewinnabführungen an den städtischen Haushalt unterbleiben. Auch die von CDU und
SPD durchgesetzte Erhöhung der Grundsteuer B war und ist ein Pakt gegen die
Mieterinnen und Mieter. Denn sie wird über die Betriebskosten direkt auf die Mieten
umgelegt.
Damit Wohnen in Münster wieder bezahlbar wird, muss ein Handlungsprogramm zur
Schaffung von Wohnungen nicht nur aufgelegt, sondern tatsächlich umgesetzt werden.
Jährlich müssen mindestens 500 neue Sozialwohnungen in Münster gebaut werden, um
allein das jährlich steigende Defizit auszugleichen.
Wir möchten die städtische Wohn+Stadtbau finanziell und personell so weit ausrüsten,
dass perspektivisch bis 2018 jedes Jahr 500 öffentlich geförderte Wohnungen in Münster
neu entstehen. Durch spezifische Änderungen im Managementkontrakt zwischen Stadt
und städtischer Wohnungsbaugesellschaft sollen die Gewinne der Wohn+Stadtbau nicht
mehr in den städtischen Haushalt fließen, sondern zweckgebunden zur Schaffung von
neuen öffentlich geförderten Wohnungen verwendet werden.
Zur Sicherung der 18 durch den Abzug der britischen Streitkräfte frei werdenden
Wohnquartiere sowie insgesamt 36 Hektar Fläche für neuen Wohnraum stehen die als
Verkäuferin auftretende Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und die
Bundesregierung in der Pflicht. Denn hierbei kann es nicht nur um hohe
Grundstückspreise gehen, sondern auch die sozialen Aufgaben müssen deutlich
berücksichtigt werden.
Armut im reichen Münster: Das ist ein Thema, das wir als LINKE entschieden angehen
wollen.
Kinderarmut gibt es auch in einer so reichen Stadt wie Münster. Laut Statistik der
Bundesagentur für Arbeit gibt es in der Westfalenmetropole rund 5.700 Kinder unter 15
Jahren, die unter Armutsbedingungen groß werden. Die meisten davon leben in den
nördlichen Stadtteilen Münsters, in Coerde und in Kinderhaus.
Fakt ist ebenfalls, dass sich die Zahl der Leistungsberechtigten nach SGB II (Hartz-4) seit
fünf Jahren bei rund 20.000 eingependelt hat. Insgesamt sind Hartz-4, prekäre
Arbeitsverhältnisse, Zeitarbeit, 450-Euro-Jobs, 1-Euro-Jobs und tariflose Betriebe auch in
Münster auf dem Vormarsch. All dies sorgt für mehr Armut.
Hier gilt es, mit allen kommunalen Mitteln Abhilfe zu schaffen, um eine weitere Verarmung
und Zunahme von sozialen Problemen – jetzt und im Alter – zu verhindern.
Die Einführung eines Sozialpasses als „Münsterpass“ war eine der sozialen Maßnahmen,
die seit der letzten Kommunalwahl erst mit Unterstützung der LINKE im Rat möglich
wurde, gegen den heftigen Widerstand von CDU und FDP. Diesen „Münsterpass“ wollen
wir auch weiter fortführen.
Kommen wir zum Fazit, das auch ein Fazit der letzten Jahre darstellt. Denn dieser
Haushalt ist bekanntlich der letzte vor der Kommunalwahl.
Der Haushalt in Münster ist weiterhin chronisch unterfinanziert. Selbst der Kämmerer
spricht in seinem Haushaltsentwurf von einem strukturellen Defizit in Höhe von 20 bis 30
Millionen Euro bis 2017.
Trotzdem leistet man sich aber weiterhin z.B. den Flughafen Münster-Osnabrück, der mit
jährlich über drei Millionen Euro durch die Stadtwerke subventioniert wird, während
ebendort bei den Stadtwerken wieder die Strom- und Buspreise angehoben werden. Die
Kosten tragen die Bürgerinnen und Bürger, und viele von ihnen in den unteren
Einkommensschichten.
Die strukturelle Unterfinanzierung des städtischen Haushalts ist auch Folge von
übertragenen Pflichtaufgaben ohne entsprechende Ausfinanzierung sowie von
Mindereinnahmen, z.B. durch die Nichtumsetzung einer gerechten Steuerpolitik auch nach
der Bundestagswahl.
Schon jetzt sind die Wahlversprechen der SPD im Koalitionsvertrag mit der CDU
gebrochen worden. Die chronische Unterfinanzierung der Städte und Gemeinden hat auch
in NRW und in Münster deutliche Spuren hinterlassen. Verantwortlich ist dafür die Bundes-
und Landespolitik von SPD, CDU, Grünen und FDP, die die Anträge der LINKEN in allen
Parlamenten für eine Einnahmeverbesserung durch eine gerechtere Besteuerung, z.B.
durch eine Millionärsteuer, höhere Spitzen- und Erbschaftssteuer, immer abgelehnt haben.
Auch in Münster hat diese Politik eine Kürzungsrunde nach der anderen nach sich
gezogen.
DIE LINKE hat sich als einzige Partei im Rat in den letzten Jahren konsequent gegen
Sozialabbau, Personalabbau und Kürzungen für Initiativen und Verbände eingesetzt. Und
dies wird auch so bleiben.
Original sozial – auch nach der Wahl. Dafür steht nur DIE LINKE!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.